19.11.2020 - Lebensmittel

Was sind STEC, VTEC und EHEC? Ein Überblick und deren Bedeutung in Lebensmitteln

 

Bestimmte Toxin-produzierende Stämme von E.coli können beim Menschen Diarrhoe und schwerere Erkrankungen, wie z. B. das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) hervorrufen. Nierenversagen und sogar der Tod können die Folge dieser Erkrankung sein. In diesem Artikel beantworten wir Ihnen Fragen rund um STEC, VTEC und EHEC.

Was sind EHEC?

EHEC steht für enterohämorrhagische Escherichia coli. Diese Bakterien besitzen die Eigenschaft starke Zellgifte, so genannte Shiga- und Verotoxine, zu bilden und werden als STEC/VTEC (Shiga- bzw. Verotoxin-bildende Escherichia coli) zusammengefasst. Die Begriffe STEC und VTEC werden synonym zueinander verwendet.

Nicht alle STEC/VTEC führen beim Menschen zu Erkrankungen. Als EHEC werden nur diejenigen STEC/VTEC bezeichnet, die in der Lage sind beim Menschen schwere Erkrankungen hervorzurufen.

Es gibt zwei Typen von Shigatoxinen: stx1 und stx2. Weitere Pathogenitätsfaktoren von EHEC sind die Fähigkeit sich an Darmzellen anzuhaften (eae-Gen: Bildung des Proteins Intimin) und die Bildung des Proteins Enterohämolysin (ehly-Gen). Schwere Erkrankungen werden fast ausschließlich durch stx2-positive EHEC-Stämme hervorgerufen.

Aufgrund Ihrer Antigenstruktur werden EHEC in verschiedene Serogruppen bzw. Serovare eingeteilt, die Einteilung erfolgt nach O- und H-Antigenen. Der bekannteste Vertreter ist O157:H7. Weitere häufig vertretene Serogruppen sind O26, O45, O103, O104:H4, O111, O121 und O145.

O104:H4 hat den bisher größten EHEC-Ausbruch in Deutschland, welcher mit Bockshornkleesprossen in Verbindung stand, mit ca. 4000 Erkrankungs- und 53 Todesfällen verursacht.

Aus Gründen des präventiven Verbraucherschutzes und da noch nicht abschließend bekannt ist, welche Eigenschaften einen STEC/VTEC zum EHEC machen, werden weiterhin alle STEC/VTEC als potentielle EHEC angesehen.

Vorkommen und Infektionswege:

Escherichia coli-Bakterien sind Bestandteil der normalen Darmflora von Menschen und

Tieren. Der Nachweis von E. coli dient als Indikator für eine Verunreinigung durch Fäkalien. Der Darm von Wiederkäuern wie Rinder, Schafe und Ziegen, aber auch Rehe und Hirsche sind das natürliche Reservoir von enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC), die mit dem Kot ausgeschieden werden. Die Bakterien können z.B. beim Schlachten oder Melken auf oder in die Lebensmittel gelangen. EHEC werden daher insbesondere bei rohen bzw. unzureichend erhitzten Lebensmitteln wie z. B. Rohmilch, Rohmilchkäse, rohes oder nicht durchgegartes Fleisch und Hackfleisch von Wiederkäuern oder streichfähige Rohwürste (z. B. Mett) nachgewiesen.

Über kontaminiertes Wasser oder Rinderdung können auch rohes, im Boden oder bodennah wachsendes Obst und Gemüse mit EHEC belastet sein (z. B. nicht pasteurisierter Apfelsaft, rohes Blattgemüse wie Sprossen, Spinat, Blattsalate, ...).

Auch eine Übertragung durch Kreuzkontaminationen von verunreinigten, meist rohen Lebensmitteln auf ein anderes, meist verzehrsfertiges Lebensmittel oder eine indirekte Übertragung über Hände, Geräte, Arbeitsflächen, Messer usw. sind möglich.

Des Weiteren sind neben lebensmittelbedingten Übertragungen auch Mensch-zu-Mensch-Übertragungen oder der direkte Kontakt mit Tieren (z. B. Streichelzoo) bedeutende Übertragungswege. Diese Übertragungswege sind aufgrund der sehr niedrigen Infektionsdosis von <100 KBE (KBE = Koloniebildende Einheiten) (bei O157:H7) möglich.

 

Inkubationszeit, Symptomatik und Risikogruppen:

Die Inkubationszeit, d. h. die Zeit zwischen der Aufnahme des Krankheitserregers und dem Auftreten erster Symptome beträgt 2-10 Tage, durchschnittlich ca. 3-4 Tage (beruhend auf Untersuchungen zu EHEC der Serogruppe O157). Die Symptome reichen von Magen-Darm-Beschwerden mit leichtem Durchfall bis hin zu schweren blutigen Durchfällen, oft verbunden mit Bauchkrämpfen, Übelkeit, Erbrechen und Fieber (hämorrhagische Colitis (HC)). Fünf bis 12 Tage, durchschnittlich ca. sieben Tage nach Auftreten des Durchfalls können mit EHEC verbundene HUS-Erkrankungen (HUS: hämolytisch-urämisches Syndrom) auftreten. Bei HUS kommt es zur Schädigung der Blutgefäße, der roten Blutkörperchen und der Nieren. Letzteres macht häufig eine Dialyse erforderlich. Schädigungen des Nervensystems sowie weiterer Organe wie Bauchspeicheldrüse und Herz können als Komplikationen von HUS auftreten.

Kinder unter 5 Jahren, ältere und immungeschwächte Menschen sind besonders häufig von schwer verlaufenden EHEC-Erkrankungen mit blutigem Durchfall und HUS betroffen.

 

Präventive Hygienemaßnahmen:

  • Durch Erhitzen wie Kochen, Braten und Pasteurisieren werden EHEC abgetötet. Voraussetzung dafür ist, dass bei leicht verderblichen Lebensmitteln und Küchengerichten eine Kerntemperatur von ≥70°C für mindestens 2 Minuten erreicht wird. EHEC sind gegenüber saurem pH, Kälte, Austrocknung, hoher Salzkonzentration relativ unempfindlich. Auch durch Tiefgefrieren werden EHEC nicht sicher abgetötet.
  • Rohmilch vor Verzehr abkochen.
  • Die Lagerung roher Lebensmittel tierischer Herkunft sowie leicht verderblicher Lebensmittel sollte bei Kühlschranktemperatur erfolgen.
  • Zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen sollten Fleisch und andere rohe Lebensmittel nicht zeitgleich mit anderen unmittelbar verzehrsfertigen Lebensmitteln und auf keinen Fall unter Verwendung der gleichen Arbeitsgeräte und –flächen zubereitet werden.
  • Die Hände sollten vor der Zubereitung der Speisen sowie z.B. nach Kontakt mit rohem Fleisch gründlich gewaschen werden.
  • Nach Kontakt mit rohem Fleisch Flächen und Gegenstände gründlich reinigen und abtrocknen sowie Lappen und Handtücher auswechseln und bei mindestens 60°C waschen.

 

Meldepflicht nach Infektionsschutzgesetz (IfSG):

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe f) IfSG wird dem Gesundheitsamt der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS) sowie gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 13 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis von EHEC, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich gemeldet. Die Meldung muss innerhalb von 24h nach Kenntnisnahme dem Gesundheitsamt vorliegen. In § 8 IfSG werden die zur Meldung verpflichtenden Personen (z. B. Arzt., Pathologe, Tierarzt) benannt und in § 9 die Angaben, welche die namentliche Meldung enthalten muss, festgelegt.

 

Untersuchungsschritte in unserem Labor:

  1. Anreicherung
  2. Realtime (RT)-PCR
  3. Bei positivem Befund kulturelle Bestätigung (in Rücksprache)
  4. Falls erforderlich: Serotypisierung (O26, O45, O103, O104, O111, O121, O145, O157)

 

Mehr Informationen zu Escherichia coli und STEC/VTEC finden Sie auch in unseren BAV-Steckbriefen:

  1. Welche Bedeutung hat Escherichia coli E.coli in Lebensmittel  
  2. Was ist EHEC/ STEC/ VTEC 

 

In unserem Labor führen wir die Untersuchung auf Escherichia coli, STEC/VTEC und andere pathogene Mikroorganismen regelmäßig durch. Wir liefern Ihnen schnelle und zuverlässige Ergebnisse. Für Fragen stehen Ihnen unsere Kundenbetreuer gerne zur Verfügung.

 

Quellen: 

Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) –  folgender Link, sowie hier

Robert Koch Institut (RKI) - folgender Link

Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL Bayern) -  folgender Link 

Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) -  folgender Link