25.11.2019 - Lebensmittel

Belastungstests bzw. Challengetests mit Listeria monocytogenes in Lebensmitteln

Belastungstests bzw. Challengetests mit Listeria monocytogenes in Lebensmitteln

Lebensmittelbedingte Erkrankungen und sogar Todesfälle durch Listeria monocytogenes haben in den letzten Jahren in Deutschland und der EU zugenommen (www.bav-institut.de).

Entsprechend ist auch die Anzahl an öffentlichen Rückrufen aufgrund von Kontaminationen von Lebensmitteln mit diesen Bakterien angestiegen. Die Folgen für die betroffenen Verbraucher aber auch für die Unternehmen sind meist gravierend. In einigen Fällen haben diese Krisen auch zur Insolvenz des Lebensmittelunternehmens geführt.

Betriebe müssen zur Vermeidung solcher Fälle im Rahmen der Qualitätskontrolle angemessene Produkt- und Umgebungsuntersuchungen durchführen (siehe unseren Sondernewsletter Listerien). Bei leicht verderblichen Lebensmitteln können aber auch zusätzlich Belastungstests bzw. Challengetests mit Listeria monocytogenes erforderlich sein.

 

Was sind Belastungs- bzw. Challengetests?

Bei diesen Tests wird das Lebensmittel mit bestimmten Bakterien kontaminiert. In diesem Fall wird dies mit diversen Stämmen von Listeria monocytogenes durchgeführt. Anschließend wird das Produkt über den Zeitraum der Haltbarkeit wie unter Realbedingungen gelagert und regelmäßig auf diese Bakterien untersucht.

 

Warum sind Belastungs- bzw. Challengetests erforderlich?

Durch diese Tests erhält man eine Aussage darüber, ob Listeria monocytogenes sich in dem Lebensmittel vermehren kann. Diese Aussage ist aus zwei Gründen für Hersteller verzehrfertiger, leicht verderblicher Lebensmittel sehr wichtig:

  1. Im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht muss jeder Lebensmittelunternehmer sicherstellen, dass seine Produkte bis zum Ende der Haltbarkeit keine Gesundheitsgefahr darstellen. Da Listeria monocytogenes in der Umwelt weit verbreitet ist, kann man bei der Herstellung vieler Lebensmittel eine Kontamination mit diesen Bakterien nicht vollständig ausschließen. Umso wichtiger ist es zu wissen, ob sich Listeria monocytogenes in diesen Lebensmitteln im Laufe der Haltbarkeit auch vermehren können. Wenn die Vermehrung von Listeria monocytogenes begünstigt wird, muss das Hygiene- und Sicherheitsniveau bei der Herstellung noch höher sein.
  2. Die Verordnung (EG) 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien fordert im Anhang I, Kapitel 1 die Einhaltung bestimmter Lebensmittelsicherheitskriterien für Listeria monocytogenes. Sollten verzehrfertige Lebensmittel die Vermehrung von Listeria monocytogenes begünstigen, darf auf Herstellerebene in 5 Proben einer Charge in je 25g Listeria monocytogenes nicht nachweisbar sein (Kriterium 1.2 in Kapitel 1 des Anhangs I). Wird dies nicht eingehalten bzw. dieses Lebensmittelsicherheitskriterium überschritten und das verzehrfertige Lebensmittel befindet sich bereits auf dem Markt, droht ein öffentlicher Rückruf.

Wenn jedoch das verzehrfertige Lebensmittel die Vermehrung von Listeria monocytogenes NICHT begünstigt, ist es gemäß dieser Verordnung ausreichend in 5 Teilproben der Charge auf Herstellerebene das Lebensmittelsicherheitskriterium von 100 KBE/g nicht zu überschreiten.

Für verzehrfertige Lebensmittel, die einen pH-Wert von ≤ 4,4 oder einen aw-Wert von ≤ 0,92 aufweisen gilt direkt das Lebensmittelsicherheitskriterium von 100 KBE/g auf Herstellerebene. Gleiches gilt falls die verzehrfertigen Erzeugnisse einen pH-Wert von ≤ 5,0 und aw-Wert von ≤ 0,94 haben bzw. die Haltbarkeitsdauer weniger als 5 Tage aufweist. Dies ist in den Fußnoten des Kapitel 1 des Anhang I der Verordnung (EG) 2073/2005 so festgehalten, da man in diesen Fällen davon ausgehen, dass sich Listeria monocytogenes unter diesen Bedingungen nicht vermehrt bzw. das Lebensmittelsicherheitskriterium von 100 KBE/g für Listeria monocytogenes in verzehrfertigen Lebensmitteln auf Handelsebene nicht überschritten wird.

Diesen Nachweis über das Wachstumspotential von Listeria monocytogenes in verzehrfertigen Lebensmitteln, muss der Lebensmittelunternehmer der Behörde liefern. Ansonsten muss die Behörde im Zweifelsfall davon ausgehen, dass für die Produkte die strengeren Kriterien für Listeria monocytogenes einzuhalten sind („nicht nachweisbar in 25g in je 5 Teilproben der Charge).

Um diesen Nachweis der Behörde zu liefern sind bei vielen leicht verderblichen Lebensmitteln Belastungs- bzw. Challengetests erforderlich, es sei denn das verzehrfertige Lebensmittel erfüllt die oben genannten chemisch-physikalischen Eigenschaften oder es ist weniger als 5 Tage haltbar.

 

Was ist bei der Durchführung von Belastungs- bzw. Challengetests zu beachten?

Von der EU-Kommission wurde eine technische Richtlinie (EURL Lm TECHNICAL GUIDANCE DOCUMENT for conducting shelf-life studies on Listeria monocytogenes in ready-to-eat foods) veröffentlicht, die die Vorgehensweise bei der Durchführung von Belastungs- bzw. Challengetests mit Listeria monocytogenes beschreibt.

Einige wichtige Aspekte davon:

  • Die Bedingungen während der Haltbarkeit sind zu berücksichtigen (auch vorhersehbare Änderungen gegenüber Angaben auf der Verpackung wie z. B. Kühlschranktemperaturen im Haushalt).
  • Es ist ein Gemisch von mind. 2 Stämmen von Listeria monocytogenes für die Kontamination zu verwenden. Dabei sollten nicht nur Laborstämme verwendet werden, sondern auch Stämme die aus ähnlichen Lebensmitteln oder sogar aus dem jeweiligen Lebensmittelunternehmen isoliert worden sind.
  • Das Lebensmittel soll zu Beginn des Belastungs- bzw. Challengetests mit einer Keimkonzentration von etwa 100 KBE/g kontaminiert werden.
  • DIN EN ISO 20976-1:2019-09 (https://www.beuth.de/de/norm/din-en-iso-20976-1/297296778)

 

Fazit

Wenn durch einen entsprechenden Belastungs- bzw. Challengetest nachgewiesen wird, dass das Lebensmittel zu keinem Zeitpunkt und bis zu Ende der Haltbarkeit die Anzahl an Listeria monocytogenes von 100 KBE/g nicht überschreitet, dann gilt nach Anhang I, Kapitel 1 für dieses Erzeugnis auf Herstellerebene das weniger strenge Lebensmittelsicherheitskriterium von 100 KBE/g für 5 Teilproben einer Charge. Dieser Nachweis kann im Zweifelsfall für das Lebensmittelunternehmen sehr wichtig sein, falls auf Herstellebene ein positiver Nachweis von Listeria monocytogenes in 25g erfolgt.

 

Für Fragen stehen Ihnen unsere Kundenberater sehr gerne zur Verfügung.