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18.11.2025 - Kosmetik
Europäische Kommission publiziert Bericht zur Evaluierung der Kosmetikverordnung
Brüssel, 7. Oktober 2025 – Die Europäische Kommission hat die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation zur Bewertung der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel (Cosmetic Products Regulation, CPR) vorgelegt. Die zwölfwöchige Befragung, die vom 5. Mai bis 27. Juli 2025 in allen 24 EU-Amtssprachen stattfand, sollte klären, ob die Verordnung weiterhin wirksam ist, ihre Ziele erfüllt und den aktuellen Entwicklungen – von der Digitalisierung bis zur Nachhaltigkeit – gerecht wird. Insgesamt gingen 233 Antworten ein, wovon nach Bereinigung 206 für die Hauptanalyse berücksichtigt wurden.
Breite Beteiligung aus der EU – Frankreich und Deutschland dominieren
83 Prozent der Teilnehmenden stammen aus der EU, wobei Frankreich (47), Deutschland (41) und Belgien (20) die meisten Rückmeldungen lieferten. Auch 36 Beiträge kamen aus Drittstaaten, unter anderem aus dem Vereinigten Königreich, der Schweiz und den USA. Die Rückmeldungen verteilten sich auf zehn Stakeholdergruppen – von Unternehmen und Verbänden über VerbraucherInnen und NGOs bis hin zu nationalen Behörden.
Schutz der Gesundheit weiterhin zentrales Anliegen
Die zentrale Zielsetzung der CPR, ein „hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit“ zu gewährleisten, wird mehrheitlich erreicht:
84 Prozent der befragten Expertinnen und Experten bescheinigten der Verordnung, ihr Gesundheitsziel zu erfüllen. Besonders hohe Zustimmung kam aus der Industrie und von Branchenverbänden. Gleichzeitig hielten 91 Prozent die Zielsetzung auch für zukünftige Herausforderungen – etwa innovative Technologien oder neue Vertriebskanäle – für relevant.
Uneinheitlich fiel das Bild hingegen bei der Bewertung der Vorschriften zu CMR-Stoffen (karzinogen, mutagen, reproduktionstoxisch) aus. Nur etwa die Hälfte der ExpertInnen bewertete das Verbot als wirksam, während ein Drittel der Unternehmensvertreter Zweifel äußerte. Die Ausnahmeregelungen wurden häufig als unklar oder irrelevant empfunden.
Digitalisierung und Onlinehandel: Sicherheitslücke bei Importen
Geringe Zufriedenheit herrscht beim Thema Online-Käufe aus Nicht-EU-Ländern:
62 Prozent aller Befragten sehen die Sicherheit solcher Produkte unzureichend geregelt. Auch der Einsatz digitaler Technologien – etwa elektronische Etiketten – wird als noch nicht ausreichend unterstützt wahrgenommen. Zwar kennen 71 Prozent digitale Produktinformationen, aber weniger als die Hälfte nutzt sie aktiv.
Kennzeichnung und Verbraucherinformation: Nützlich, aber nicht einheitlich
Bei den vorgeschriebenen Kennzeichnungsangaben hielten ExpertInnen insbesondere Funktionsangaben, Nutzungshinweise und Haltbarkeitsdaten für wichtig und wirksam. Die Mehrheit sieht aber geringe Kohärenz zwischen den Kennzeichnungsvorschriften der CPR und anderen EU-Gesetzen, etwa im Medizinprodukte- oder Lebensmittelbereich.
Auch die Eignung der Regeln für Online- oder Bulk-Verkäufe wurde nur teilweise bestätigt.
Hohe Zustimmung für GMP und das europäische Meldesystem CPNP
Die Vorgaben zur guten Herstellungspraxis (GMP) erhielten überwiegend positive Bewertungen. Auch das „Cosmetic Products Notification Portal“ (CPNP), über das Produkte EU-weit registriert werden müssen, wurde als nützlich und wertvoll für Marktüberwachung und Transparenz betrachtet. Allerdings gilt dies vor allem für Produkte ohne Nanomaterialien – diese führen weiterhin zu höheren Meldeaufwänden und Unsicherheiten.
Nanomaterialien: Wissenslücken dominieren
Mehr als ein Drittel der ExpertInnen gab an, nicht beurteilen zu können, ob die CPR-Regeln für Nanomaterialien wirksam sind. Viele sahen zudem geringe Kohärenz mit anderen europäischen Regelwerken. NGOs und Wirtschaftsverbände neigten dagegen eher zu positiven Bewertungen, während Behörden teils deutliche Zweifel äußerten.
Werbeaussagen: Uneinigkeit über Klarheit und Verlässlichkeit
Bei den Vorschriften zu Werbeaussagen und Claims herrscht ein geteiltes Meinungsbild.
Während Unternehmen, Verbände und NGOs die Regeln überwiegend als klar und effektiv einstufen, widersprechen VerbraucherInnen und Behörden mehrheitlich. Auch bei der Kohärenz mit anderen EU-Vorschriften zeigte sich große Unsicherheit: Viele ExpertInnen gaben an, die Lage nicht beurteilen zu können.
Tierversuche: Verbot wird überwiegend unterstützt, aber praktische Probleme bleiben
71 Prozent der ExpertInnen bestätigten die Wirksamkeit des EU-weiten Tierversuchsverbots (Artikel 18) im Hinblick auf den Tierschutz. Gleichzeitig äußerten NGOs und einige Wissenschaftler Vorbehalte. Rund die Hälfte bewertete die Kriterien für Ausnahmen, alternative Methoden und deren Zuverlässigkeit als unzureichend oder unklar. Ein Großteil der ExpertInnen sieht zudem Schwächen bei der praktischen Umsetzung.
Marktüberwachung und Binnenmarkt: Mehrheit zufrieden
77 Prozent der ExpertInnen bescheinigen der CPR, den freien Warenverkehr zu unterstützen. Auch VerbraucherInnen erkennen weitgehend eine gute Produktverfügbarkeit innerhalb der EU.
Die Marktüberwachung wird eher positiv beurteilt: Über die Hälfte der ExpertInnen hält die Vorschriften für wirksam und einheitlich, wobei viele dennoch Wissenslücken hinsichtlich der Kohärenz mit anderen Rechtsbereichen einräumen.
Bürokratie und Kostenbelastung: Unternehmen spüren Druck
Deutlich fiel die Kritik am administrativen Aufwand aus:
62 Prozent der ExpertInnen gaben an, dass die CPR seit 2013 die Kosten erhöht habe – vor allem durch Dokumentationspflichten, neue Prüfanforderungen und Reformulierungen. Kleinere Unternehmen sehen sich besonders belastet.
Auch die Umsetzungsfristen für Stoffverbote oder -beschränkungen werden häufig als zu kurz empfunden.
Internationaler Vergleich: EU-Regeln gelten als streng, aber nicht immer förderlich
Viele Befragte konnten die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen nicht beurteilen. Doch wo Einschätzungen vorlagen, spiegelten sie häufig ein Bild wider:
Die EU-Regulierung wird als anspruchsvoll wahrgenommen, was Innovation und Marktzugang kleiner und mittlerer Unternehmen erschweren könne. Gleichzeitig sehen große Unternehmen den regulatorischen Rahmen häufiger als mindestens gleichwertig oder vorteilhaft im Vergleich zu Drittstaaten.
Mehr Nachhaltigkeit gefordert – aber nicht von allen
Eine Mehrheit der Teilnehmenden möchte Umweltaspekte stärker in der CPR verankern, etwa:
- Umweltauswirkungen durch Anwendung und Entsorgung
- Nachhaltigkeit von Inhaltsstoffen
- Ökologische Risiken
Auffällig: Die koordinierten Einreichungen – überwiegend aus der Industrie – sprachen sich fast geschlossen gegen eine Ausweitung des Geltungsbereichs auf Umweltaspekte aus.
Fazit: Breite Zustimmung zur CPR – aber Reformbedarf eindeutig sichtbar
Die Ergebnisse der Konsultation zeigen ein insgesamt positives Bild der CPR, insbesondere hinsichtlich Verbraucherschutz, Marktüberwachung und Binnenmarkt. Gleichzeitig werden zahlreiche Herausforderungen sichtbar:
- unklare oder uneinheitliche Regeln (Nanomaterialien, Claims, Onlinehandel)
- hohe Verwaltungslasten für Unternehmen
- Wissenslücken zu Kohärenz mit anderen EU-Gesetzen
- Schwierigkeiten für kleine Unternehmen
- Unsicherheiten bei der Anwendung alternativer Testmethoden
- wachsende Erwartungen an Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Der Bericht ist keine offizielle Position der Kommission, liefert aber eine zentrale Grundlage für mögliche Anpassungen der Kosmetikverordnung im Zuge des europäischen Green Deals, der Digitalisierung des Produktrechts und künftiger gesundheitlicher und technologischer Entwicklungen.
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