Steckbrief zu koagulase positiven Staphylokokken und Staphylococcus aureus in Lebensmitteln
Allgemeines
Staphylococcus aureus (S. aureus) ist ein Bakterium, das häufig auf der Haut und den Schleimhäuten von Menschen und Tieren vorkommt. Es gehört zur Gruppe der koagulase-positiven Staphylokokken.
In Lebensmitteln ist S. aureus aufgrund seiner potentiellen Bildung von Enterotoxinen gefürchtet. Diese Bakterien verursachen neben Magen-Darm-Erkrankungen auch Haut- und Wundinfektionen, Abszesse sowie Harnwegsinfektionen.
Da S. aureus-Intoxikationen durch Lebensmittel nicht meldepflichtig sind, ist die genaue Anzahl dieser Erkrankungen nicht bekannt. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung bei Menschen und Tieren, kann man jedoch davon ausgehen, dass sie zu den häufigsten Verursachern von lebensmittelbedingten Magen-Darm-Erkrankungen gehören. Häufig ist der Mensch der Ausgangspunkt einer Kontamination von Lebensmitteln. Jedoch können auch rohe tierische Lebensmittel (z. B. Rohmilch) mit diesem Erreger belastet sein.
Eigenschaften
- Kokkenförmige Bakterien
- Gram-positiv
- Oxidase-negativ
- Katalase-positiv
- Toxinbildner
Herkunft / Auftreten
- Natürlicher Bestandteil der Hautflora bei Menschen (insbesondere Kopfhaut und Haare) sowie auf Schleimhäuten des Nasen-Rachen-Raumes (z. B. Nasensekret und Speichel)
- Auftreten auch bei Nutz- und Haustieren
- Aufgrund ihrer weiten Verbreitung bei Mensch und Tier sind diese Keime auch regelmäßig in unserer Umwelt zu finden
Bedeutung
- S. aureus ist ein potentieller Krankheitserreger in Lebensmitteln, denn er kann Toxine produzieren, die beim Menschen starke Intoxikationen (Vergiftungen) hervorrufen
- S. aureus-Enterotoxine sind häufig hitzestabil und können Erhitzungsschritte überstehen
- S. aureus-Stämme von Menschen besitzen häufiger die Fähigkeit Enterotoxine zu bilden als Stämme von Tieren
- Relativ resistent gegen Austrocknung (Relevanz bei getrockneten Lebensmitteln)
Wichtig
Es existieren auch antibiotikaresistente Stämme (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus – MRSA), die z. B. schwere Wundinfektionen hervorrufen können. Diese Infektionen werden meist im Krankenhaus auf Patienten übertragen. Auch Nutztiere können diesen Erreger beherbergen. Deshalb kann auch Fleisch mit MRSA kontaminiert sein. Allerdings stellen MRSA in Lebensmitteln keine akute Gesundheitsgefahr für den Verbraucher dar.
Krankheitsbild
- Minimale Intoxikationsdosis: In der Regel min. 105 KbE/g
- Inkubationszeit: 1 bis 6 Stunden
- Erkrankungsdauer: 1 bis 2 Tage
- Symptome: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall. Auf Grund des starken Wasserverlustes kann es zu Schwindel und Kreislaufkollaps kommen. Todesfälle treten sehr selten auf
Beispiel von betroffenen Lebensmitteln
- Fleisch- und Wurstwaren, insbesondere Rohpökelware
- Milchprodukte, Käse, insbesondere Rohmilchkäse
- Rohe Eier, roheihaltige Speisen
- Cremehaltige Desserts, Torten und zubereitete Speisen
- Teigwaren und Feinkostsalate
Vermehrungsbedingungen und Toxinproduktion
- Optimum: +35 °C bis +40 °C
- Minimum: +6 °C
- Im Allgemeinen keine Vermehrung über +50 °C
- Toxinproduktion: +10 °C bis +45 °C
- pH-Wert:
- Wachstum bei pH 4,5 bis 9,3 (Ausnahmen sogar bis pH 4,0)
- Toxinproduktion ab pH 4,8
- aw-Wert:
Vermehrung bei einer Wasseraktivität von min. 0,86 (relativ resistent gegen Austrocknung)
- Salztoleranz: bis max. 20 %;
Vermehrung noch bei 6,5 bis 10 %
- Sauerstoffbedarf: fakultativ anaerob; die Toxinproduktion ist unter aeroben Bedingungen deutlich stärker als unter anaeroben Bedingungen
Abtötung durch Erhitzen
- Bei +72 °C für min. 2 Minuten Einwirkzeit werden die Bakterien abgetötet (Achtung: Kerntemperatur kontrollieren) à zu beachten: die Toxine sind häufig hitzestabil!
- Die Toxine von S. aureus sind häufig hitzestabil: Inaktivierung erst ab +100 °C bei 30 bis 60 Minuten
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Mögliche Ursachen für überhöhte Keimzahlen
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Vorschläge für Maßnahmen |
Personalhygiene: Insbesondere Fehler bei der Händehygiene (siehe auch Punkt „Gesundheit der Mitarbeiter“) |
1) Schulung der Mitarbeiter bzgl. potentieller Fehler sowie Verbesserungsmaßnahmen
2) Kontrolle des Wechsels sowie der Sauberkeit der Arbeitskleidung
3) Erfolgskontrolle durch:
- Vor-Ort-Kontrollen und Umgebungsuntersuchungen (z. B. Abklatsch- bzw. Abstrichproben)
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Gesundheit der Mitarbeiter: Eine besondere Gefahr geht von entzündeten oder eitrigen Wunden sowie von Hustenaerosolen aus |
1) Mitarbeiter, die an dieser Infektion erkrankt sind, dürfen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht in Lebensmittelbetrieben mit leicht verderblichen Lebensmitteln tätig sein (siehe IfSG § 42)
2) Nicht infizierte Wunden müssen hygienisch einwandfrei versorgt werden
3) Regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter bzgl. Vorsichtsmaßnahmen und Symptomerkennung
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Reinigung und Desinfektion: Mikrobiell verunreinigte Arbeitsgeräte, -gegenstände oder -oberflächen |
1) Durchführung der Reinigung und Desinfektion überprüfen:
- Hygieneplan
- Durchführung der Reinigung und Desinfektion z. B. Dosierung des Desinfektionsmittels, Einwirkzeit, Einsatz geeigneter und sauberer Materialien und Reinigungstücher
2) Schulung der Mitarbeiter bzgl. potentieller Fehler sowie Verbesserungsmaßnahmen
3) Erneute Reinigung und Desinfektion
4) Erfolgskontrolle durch:
- Vor-Ort-Kontrollen und Nachuntersuchungen (z. B. auch Abklatsch- bzw. Abstrichproben)
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Kühlung und Haltbarkeit: Unterbrechung der Kühlkette bei Transport oder Lagerung, zu hohe Lagertemperaturen oder Überlagerung (zu lange Haltbarkeiten) |
1) Rückverfolgbarkeit der Kühlkette beim Transport kontrollieren bzw. vom Lieferant fordern. Eingangs- und Lagertemperatur kontrollieren
2) Bei Verdacht auf zu lange Haltbarkeit entsprechende Lagertests durchführen
3) Erfolgskontrolle durch Nachkontrollen
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Trennung „rein und unrein“: Unzureichende Trennung von reinen und unreinen Arbeitsbereichen |
1) Arbeitsorganisation im Betrieb überprüfen
- getrennte Arbeitsbereiche, Arbeitsgeräte und -gegenstände für rohe und verarbeitete Lebensmittel
- Trennung „reiner“ und „unreiner“ Bereiche und Tätigkeiten
2) Schulung der Mitarbeiter bzgl. potentieller Fehler sowie Verbesserungsmaßnahmen
3) Erfolgskontrolle durch:
- Vor-Ort-Kontrollen und Umgebungsuntersuchungen (z. B. Abklatsch- bzw. Abstrichproben)
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Rohstoffe und Zutaten: Einsatz mikrobiell belasteter oder falscher Rohstoffe oder Zutaten (z. B. Rohmilch) |
1) Kontrolle der Produkte am Wareneingang auf z. B. Eingangs- bzw. Transporttemperatur, Haltbarkeit, Verpackung, Abweichungen bzw. Auffälligkeiten
2) Dies gilt ebenso für die Ware vor dem Einsatz in der Produktion. Im Zweifelsfall Lebensmittel nicht verwenden und Vorgesetzten fragen
3) Mikrobiologische Spezifikationen überprüfen. Eventuell auch Laboruntersuchung verdächtiger Produkte veranlassen oder Ergebnisse vom Lieferanten anfordern
4) Erfolgskontrolle durch Nachuntersuchungen
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Erhitzen, Warmhalten und Abkühlen: Fehler bei der Herstellung (z. B. unzureichende Erhitzung, zu niedrige Warmhaltetemperaturen, zu lange Abkühlphasen v.a. bei großen Portionen) |
1) Prozesse, Produktionsprotokolle und Dokumentationen prüfen
2) Abtötung der vegetativen Bakterien ab einer Kerntemperatur von +72 °C für min. 2 Minuten. Inaktivierung hitzestabiler Toxine ab +100 °C für 30 bis 60 Minuten
3) Richtigkeit der Prozesse und Temperaturen vor Ort kontrollieren
- Im Allgemeinen werden Warmhalte-temperaturen von min. +60 °C gefordert
- Schnelle Abkühlung: nach 3 Stunden muss eine Kerntemperatur von min. +7 °C erreicht sein
4) Erfolgskontrolle durch Nachuntersuchungen
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Reife- und Fermentationsprozesse: Fehlerhafte Reife- oder Fermentationsprozesse |
1) Prozesse, Umgebungsbedingungen, Produktionsprotokolle und Dokumentationen prüfen
2) Erfolgskontrolle durch Nachuntersuchungen
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Landwirtschaftlicher Anbau:
Kontamination von pflanzlichen Lebensmitteln beim Anbau durch Ausscheidungen von Tieren oder durch verunreinigtes Wasser bzw. Düngemittel
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1) Abstand zu Feldern mit Tierhaltung, Wildtiere von Feldern fernhalten durch z. B. Zäune oder Netze
2) Sicherstellen, dass Wasser nicht lange auf den Feldern steht z. B. mit Drainagesystemen. Regelmäßige Kontrolle der mikrobiologischen Wasserqualität
3) Beim Pflanzenanbau dürfen keine mikrobiell kontaminierten Düngemittel eingesetzt werden
4) Erde bzw. Verunreinigungen durch Waschen entfernen
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Weitere Informationen und Literatur
- www.bfr.bund.de unter: „Lebensmittelsicherheit“ --> „Mikrobielle Risiken von Lebensmitteln“
- www.bmel.de unter: „Themen“ --> „Verbraucherschutz“ --> „Lebensmittelsicherheit“
- www.bvl.bund.de unter: „Arbeitsbereiche“ --> „Lebensmittel“ --> „Unerwünschte Stoffe und Organismen“
- www.laves.niedersachsen.de unter: „Lebensmittel“ --> „Lebensmittelhygiene“
- www.lgl.bayern.de unter: „Lebensmittel“ --> „Hygiene“
- www.rki.de unter: „Infektionskrankheiten A-Z“/ „Mikrobiologische Diagnostik A-Z“
Wachstumsbedingungen
- Temperatur: Wachstum bei 6,5 - 48 °C, Bildung von Toxinen bei 10 – 45 °C
- pH-Wert: Wachstum bei 4,0 - 9,3, Bildung von Toxinen bei min. 4,8
- aw-Wert: Wachstum bis 0,86
- Salztoleranz: max. 20 %
- Sauerstoffbedarf: fakultativ anaerob; die Toxinproduktion ist bei aerobem Wachstum deutlich höher als bei anaerobem Wachstum
Bei welchen Temperaturen sterben diese Mikroorganismen ab?
Allgemein kann man davon ausgehen, dass diese Bakterien bei einer Erhitzung auf +72 °C für mindestens zwei Minuten oder bei einem gleich wirksamen Prozess abgetötet werden. In Lebensmitteln ist dabei zu beachten, dass diese Temperatur-Zeit-Kombination im Kern des Produktes erreicht werden muss, um die Bakterien sicher abzutöten.
Die Toxine sind sehr hitzestabil und können frühestens bei 100 °C nach einer halben bis ganzen Stunde soweit inaktiviert werden, dass sie nicht mehr zu einer Erkrankung führen.
Weitere Informationen und Literatur
- www.bfr.bund.de: unter „Lebensmittelsicherheit“
- www.lgl.bayern.de: unter „Lebensmittel“ und anschließend „Hygiene“
- Pathogene Mikroorganismen: Staphylococcus aureus, S. Johler/R. Stephan Behr’s Verlag, 1. Auflage 2010
- Lebensmittelmikrobiologie, J. Krämer und A. Prange, 7. Auflage 2017
- Mikroorganismen in Lebensmitteln, H. Keweloh, 2. Auflage 2008
- Handbuch Lebensmittelhygiene, K. Fehlhaber/J. Kleer/F. Kley (Behrs Verlag), 1. Auflage 2007
- Merkblatt „Sicher verpflegt – Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen“, Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin 2017